Hallo und willkommen zu unserer heutigen Besprechung. Wir haben hier einen wirklich bemerkenswerten Stapel Unterlagen vor uns. Also Behördenbriefe, Gerichtsakten, auch ganz persönliche Notizen. Alles von einer Person, die sich sehr, sehr intensiv mit dem deutschen Sozialsystem auseinandersetzt. Genau, und was einem da sofort auffällt, ist dieser rote Faden, dieses Ringen um Teilhabe und selbstbestimmte Lebensführung, wie es immer wieder heißt. Das Ganze spielt sich ja ab vor dem Hintergrund von Langzeiterwerbslosigkeit und auch der Auseinandersetzung um eine mögliche Diagnose im Autismus-Spektrum. Richtig, unsere Aufgabe heute ist es ja, mal die Kernpunkte aus diesen doch sehr persönlichen und oft auch juristisch dichten Dokumenten rauszuziehen. Also was sind die Hauptkonflikte? Wo hakt es im System aus Sicht dieser Person? Okay, schauen wir da mal rein. Ein Thema, das wirklich immer wieder auftaucht, ist dieser Vorwurf der Untätigkeit gegenüber Behörden im Landkreis Kusel, also Jobcenter, Sozialamt. Ja, das zieht sich durch. Es wird beschrieben wie Anträge zum Beispiel auf Teilhabeleistungen oder auch für Existenzgründungsideen dieser Coffeeshop oder das Coolway-Konzept oder sogar für ganz einfache Sachen wie Umzugskartons, wie die Anträge irgendwie unbearbeitet bleiben, versandten sozusagen. Und das oft über Monate, oder? Und häufig wohl ohne einen offiziellen Bescheid. Genau, dieser rechtsmittelfähige Bescheid, also die formale Entscheidung, gegen die man dann auch vorgehen könnte, der fehlt oft. Das muss ja unglaublich frustrierend sein, wenn man so in der Luft hängt. Absolut, das geht ja direkt ans Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz. Artikel 19, Absatz 4 im Grundgesetz, also das Recht, sich gerichtlich wehren zu können. Aber wenn keine Entscheidung kommt, gegen die man klagen kann, dann läuft das Recht ja quasi ins Leere. Die Quellen beschreiben ja auch eine tiefe Enttäuschung über die Sozialgerichte. Die werden als überlastet wahrgenommen und manchmal fast so, als würden sie mit der Verwaltung zusammenarbeiten. Von Verweigerung des Rechtswegs ist da sogar die Rede. Puh. Ja. Und aufbauend auf dieser Frustrationsebene wird es dann ja nochmal heikler. Bei dieser Auseinandersetzung um das psychologische Gutachten. Da fühlt sich die Person ja als wahnhafter Querulant abgestempelt und sieht darin den Versuch, die eigentlichen Anliegen und auch die vermutete Asperger-Diagnose einfach abzutun. Genau, stattdessen steht dann die Diagnose einer Schizotypen-Persönlichkeitsstörung im Raum. Und dieser Streit um die Diagnose, das ist ja mehr als nur eine Fachfrage. Da schwindet ja die Sorge mit vor einer, wie es genannt wird, strukturell bedingten, systemimmanenten Diskriminierung. Ja, klar. Je nachdem, welche Diagnose im Raum steht oder eben auch nicht, öffnen oder schließen sich ja Türen zu bestimmten Leistungen. Gerade wenn man an die UN-Behindertenrechtskonvention denkt. Die fordert ja explizit individuelle Unterstützung, Teilhabe. Nicht einfach eine Schublade. Eine anerkannte Asperger-Diagnose könnte da ganz andere Wege öffnen, zum Beispiel zur Teilhabe am Arbeitsleben. Zu diesen systemischen und diagnostischen Kämpfen kommen ja dann auch ganz handfeste Alltagsprobleme dazu. Jahrelang ohne Krankenversicherung zum Beispiel, das wird geschildert. Oder die Mietobergrenzen, die als völlig unrealistisch kritisiert werden, scheinbar seit Jahren nicht angepasst. Ja, und das untergräbt natürlich das Ziel eines menschenwürdigen Existenzminimums ganz fundamental. Das Bundesverfassungsgericht sagt ja immer wieder, dazu gehört nicht nur das materielle, Essen, Dach überm Kopf, sondern eben auch die Möglichkeit zur sozialen und kulturellen Teilhabe. Klar. Aber wenn schon Wohnen und Gesundheit so wackeln, wie soll man da noch an Teilhabe denken? Was beim Lesen auch auffällt, ist die Sprache in den Dokumenten. Die ist oft sehr, sehr direkt, manchmal sarkastisch, schon provokant. Da ist die Rede von Betrachtungen aus dem Mülleimer der Nation. Ist das bewusst so gewählt? Naja, man kann da sicher als Ausdruck dieser enormen Frustration sehen, die sich da über Jahre aufgestaut hat. Gleichzeitig gibt es ja Hinweise in den Notizen, dass es vielleicht auch mit einer spezifischen Kommunikationsweise zusammenhängt, wie sie bei Menschen im Autismus-Spektrum vorkommen kann. Sehr direkt, manchmal vielleicht ohne die üblichen sozialen Filter. Und vielleicht auch ein rhetorisches Mittel, um aufzurütteln. Das sicher auch, ja, um Aufmerksamkeit zu erzeugen. Und die persönliche Situation wird ja auch immer wieder in größere Zusammenhänge gestellt. Also Kritik am Konstrukt Hartz IV generell. Da wird Götz Werner zitiert mit diesem drastischen Vergleich zum offenen Strafvollzug. Auch Globalisierung, Digitalisierung, Klimawandel, das wird alles als Herausforderung für die sozialen Sicherungssysteme gesehen. Genau. Das zeigt ja, es geht hier nicht nur um den Einzelfall, sondern um ganz grundlegende Fragen. Soziale Gerechtigkeit. Wie funktioniert unser Sozialstaat in dieser sich wandelnden Welt? Okay, fassen wir mal zusammen. Die Unterlagen, die zeichnen schon das Bild eines sehr, sehr zermürbenden Kampfes über Jahre hinweg. Es geht um Anerkennung, um Rechte, um die Möglichkeit, das eigene Leben selbst zu gestalten. Innerhalb eines Systems, das aus dieser Perspektive oft eher behindert als unterstützt. Ja, es wird so eine tiefe Kluft sichtbar zwischen dem, was im Gesetz steht, also Anspruch auf individuelle Förderung, Teilhabe, gerade auch nach der UN-BRK und der erlebten Realität. Die Realität, die hier beschrieben wird, ist eben Bürokratie, gefühlte Untätigkeit, finanzielle Engpässe und auch dieses Gefühl, stigmatisiert zu werden, sei es als querulant oder eben aufgrund einer Behinderung. So, und was bedeutet das jetzt alles? Diese Auseinandersetzung, die die Dokumente ja wirklich eindrücklich schildern, die wirft eine Frage auf. Eine Frage, die weit über diesen Einzelfall hinausgeht und über die Sie, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, vielleicht auch mal nachdenken möchten. Wie müsste ein Sozialsystem eigentlich wirklich aussehen, damit es Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit mit ihren ganz komplexen Bedürfnissen nicht nur verwaltet oder, ja, kontrolliert, sondern ihnen aktiv und wirklich auf Augenhöhe echte Teilhabe ermöglicht? Genau. Ohne sie, wie es hier formuliert wird, zu Objekten staatlichen Handelns zu machen. Das ist wohl die Kernfrage, die bleibt.